Die pnCCD Kamera am XFEL
Die pnCCD Kamera am European XFEL
Der European XFEL (X-Ray Free Electron Laser) erzeugt extrem intensive Röntgenblitze, die Forscher aus der ganzen Welt nutzen können. Diese Röntgenblitze entstehen in einem 3,4 km langem, unterirdischen Tunnel durch die Beschleunigung von Elektronen. Mit ihnen ist es möglich, atomare Details von Viren zu erkennen, chemische Reaktionen zu filmen und Vorgänge zu untersuchen, wie sie im Inneren von Planeten vorkommen.

Eine von sechs Experimentierstationen ist das Instrument SQS (Small Quantum Systems). Es ist auf die Erforschung von grundlegenden physikalischen Prozessen bei der Wechselwirkung von Licht mit Materie mit niederenergetischer Röntgenstrahlung spezialisiert. Typische Proben sind einzelne Atome, Moleküle und Ionen, aber auch Cluster von Atomen, Ionen und Molekülen sowie Nanopartikel und Biomoleküle.

Während eines Experiments treffen Röntgenblitze auf die zu untersuchende Probe. Die Atome in der Probe streuen die Röntgenstrahlen und erzeugen dadurch ein unverwechselbares Muster, das von der pnCCD Röntgenkamera aufgenommen und als Digitalbild abgespeichert wird. Diese Kamera arbeitet mit einem ähnlichen Typ von pnCCD, wie er bereits in einigen Satellitenexperimenten in der Röntgenastronomie erfolgreich eingesetzt wird. Der pnCCD verfügt über 1024 × 1024 Pixel mit einer Größe von 75 µm x 75 µm. Das gesamte Bild kann bis zu 200 Mal pro Sekunde ausgelesen werden.

Das erste Experiment mit dem neuen Detektorsystem hat ein Team von ForscherInnen um Dr. Daniela Rupp (Max-Born-Institut Berlin und ETH Zürich) und Dr. Rico Tanyag (Max-Born-Institut Berlin und TU Berlin) an der SQS Experimentierstation in Angriff genommen. Sie wollen mit diesen Experimenten das Verhalten von Nanostrukturen in einer ultrakalten Matrix aus flüssigem Helium studieren: Wie bilden sich diese Strukturen? Wie wachsen sie in dieser extrem kalten Umgebung, fern von ihrem Gleichgewichtszustand? Ihre Messungen haben die WissenschaftlerInnen im Juni 2019 erfolgreich durchgeführt. „Wir haben verschiedene Materialien in suprafluide Helium-Nanotröpfchen eingelagert und sie dann mit den intensiven Röntgenpulsen von European XFEL abgebildet. Abhängig von den eingelagerten Materialien zeigen die Streubilder, dass sich ganz unterschiedliche Nanostrukturen gebildet haben. Perspektivisch zielt diese Forschung auf die Entwicklung neuer Materialien ab.”, berichtet Daniela Rupp.

Die pnCCD-Detektoren hat die Münchner Firma PNSensor entwickelt und gefertigt. Robert Hartmann, pnCCD Entwicklungsleiter bei PNSensor: „Wir haben am SQS pnCCDs in Betrieb genommen, in die all unsere Erfahrungen und Verbesserungen der letzten 20 Jahre auf dem Gebiet orts- und energieauflösender Röntgendetektoren eingeflossen sind. Sie behalten ihre hohe Auflösung über einen weiten Energiebereich bis hin zu den niedrigsten Energien.”

Dr. Markus Kuster, Leiter der Detektorentwicklung am XFEL: „Ich arbeite seit vielen Jahren mit dieser Detektortechnologie. Sie ergänzt auf ideale Weise die unterschiedlichen Detektorsysteme für unsere Experimente am European XFEL. Die ersten experimentellen Ergebnisse des Forscherteams von Dr. Daniela Rupp haben dies in beeindruckender Weise bestätigt.”

Weblinks:
Literatur:
  1. Strüder, L. et al., "Large-format, high-speed, X-ray pnCCDs combined with electron and ion imaging spectrometers in a multipurpose chamber for experiments at 4th generation light sources", 2011 NIM A 614 (3), pp 483-496, 2010; DOI:10.1016/j.nima.2009.12.053
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Das Streubild eines mit Silberatomen dotierten Helium-Nanotröpfchens. In diesem Fall haben sich, wie die Veranschaulichung unten rechts zeigt, an zwei Stellen im Tröpfchen Silbercluster gebildet (Graphik © Daniela Rupp 2019).


Siliziumwafer mit dem weltgrößten Röntgen-CCD als zentrales Bauelement. Der CCD hat eine sensitive Fläche von 59 cm2 und ist in der Mitte unterteilt. Auf verfahrbare Halterungen montiert kann er auch große Streuwinkel messen. Er wurde von der Münchner Firma PNSensor entwickelt und gefertigt.